Wir waren überzeugt, dass wir so etwas nicht brauchen, aber Hemma und Wolfram waren mit ihrer Einladung so hartnäckig, dass wir uns letzten Endes zu diesem Wochenende angemeldet haben. Das ME-Wochenende führte zu einer neuen, viel tieferen Art unserer Liebesbeziehung. Wir bekamen ein Werkzeug an die Hand, den sogenannten Dialog, mit dem es uns gelang, unsere Gefühle besser wahrzunehmen und offen anzusprechen.

Der Dialog im Sinne von ME bedeutet, dass wir uns mit vorgegebenen Regeln zu einem bestimmten Thema einen Liebesbrief schreiben und anschließend auch wieder mit bestimmten Regeln darüber reden. Unsere Offenheit im Schreiben war auch zu Hause von Anfang an sehr groß, mit dem anschließenden Gespräch hatten wir vorerst noch Schwierigkeiten. Ich las den Brief von Ingrid aufmerksam, war jedoch nicht in der Lage, ihr mein Interesse zu zeigen, indem ich nachfragte, oder mit eigenen Worten wiederholte, was sie mir sagte. Der Brief stand einfach da, mir schien alles klar zu sein, was Ingrid schrieb und das war‘s. Dennoch war das schon sehr viel, weil ich von Ingrid erfuhr, wie es ihr wirklich ging.

Dass das bei Weitem nicht alles war, lernte ich erst viel später. Die Teampaare des ME-Wochenendes wiesen uns auch darauf hin, dass wir diese neue Art der Kommunikation üben müssen, wenn wir nicht wollen, dass nach ein paar Wochen wieder alles beim Alten sein sollte. Deshalb bauten wir den Dialog fix in unseren Alltag ein. Um richtig reinzukommen, für die ersten 30 Tage gleich mal jeden Tag, später dann zumindest 1-2x in der Woche. Wir hielten es vorher nicht für möglich, was wir in diesen Dialogen alles voneinander erfuhren, obwohl wir uns nun schon mehr als 15 Jahre kannten. Wir waren plötzlich wieder total interessant füreinander. Es entfaltete sich wieder ein herrliches Prickeln zwischen uns, so wie wir es aus der Zeit unserer Verliebtheit kannten. Unvorstellbar? Nein, tatsächlich WAHR!

Es war ein ähnliches Gefühl, wie damals bei unserer Lebensübergabe bei den Jugendseminaren, als wir uns entschieden, kompromisslos die Liebe Jesu zu leben. Es war unser beider, ganz starke Intuition, dass wir nun wieder an so einer Wegkreuzung standen, die das Potential hatte, unser gesamtes Leben auf den Kopf zu stellen. Es war etwas ganz Großes, Unfassbares, Wertvolles, dessen Tragweite wir nur erahnen konnten. In unserer grenzenlosen Begeisterung waren wir fest entschlossen, diesen kostbaren Faden nicht mehr loszulassen. In den Teampaaren hatten wir neue Vorbilder, die uns sogar angeboten haben, dass wir sie anrufen dürfen, wenn wir Fragen haben.

In der Hoffnung, dass dieses Angebot ernst gemeint war, rief Ingrid nach einigen Wochen bei Gerti und Franz an. Wir wollten alles wissen von diesem Lebensstil, von dem die beiden beim ME-Wochenende immer wieder sprachen. Deshalb lud uns Ingrid in diesem Telefongespräch mit Gerti auf einen Kaffee in die Steiermark ein. Gerti hielt es kaum für möglich, dass wir wirklich diesen weiten Weg auf uns nehmen wollten. Dass dieses Treffen der Anfang einer ganz großartigen, intensiven Begleitung durch Gerti und Franz und einer jahrelangen Freundschaft war, stellte sich erst später heraus.

 

“Hab keine Angst vor einem Neuanfang. Diesmal fängst du nicht bei Null an, sondern mit Erfahrung.”