rsprünglich wollte ich Tischler werden. Die großen Holzbearbeitungsmaschinen beeindruckten mich und ich erinnerte mich gut daran, als der
Tischler unsere Stube und das Vorhaus einrichtete. Meine Eltern ermutigten mich, diesen Beruf zu ergreifen. Geschickt und fleißig war ich ja. Auf
Anfrage meines Vaters bekam ich beim Tischler Denk in Andorf einen Ferialjob, der mich ziemlich auf den Boden der Realität holte. 4 Wochen lang trug ich fast nur Spanplatten und andere schwere Teile durch die Gegend. Ich war fix und fertig.
Schließlich besorgten mir meine Eltern noch einen zweiten Ferialjob beim Buchinger-Tischler. Dabei schmiergelte ich tagelang Türen mit Lackschleifpapier, um sie für die zweite Lackierung vorzubereiten. Das war weniger anstrengend, aber nicht weniger eintönig. Mangels Alternativen behielt ich diesen Frust für mich und wäre fast Tischler geworden. Mein Papa organisierte dann noch ein Vorstellungsgespräch bei der Firma Weyland, wo er zu dieser Zeit arbeitete.
Am Heimweg von diesem Vorstellungsgespräch hatte mein Papa plötzlich einen Geistesblitz. Er legte eine Vollbremsung hin und fuhr rechts heran. „Bei der OKA (heute Energie AG) könnten wir auch noch nachfragen“, meinte er. Papa ging hinein, während ich im Auto wartete. Nach einigen Minuten kam er mit einem Bewerbungsformular wieder zurück. „Nun gut, wenn Papa meint, dann mache ich halt die Aufnahmeprüfung bei der OKA“. Wir mussten uns dann noch politisch als „Schwarze“ deklarieren, ein Empfehlungsschreiben eines Landesrates, der nicht einmal meine Eltern, geschweige denn mich kannte, wurde uns förmlich aufgedrängt. Und schließlich schrieb mein damaliger Schuldirektor und Schachlehrer seinem Freund und damaligen Generaldirektor der OKA noch einen Brief, in dem er mich empfahl.
Ich hatte keine Ahnung, was mich bei der OKA erwarten würde, außer dass ich in die Lehrwerkstatt nach Gmunden musste. Alle gaben mir zu verstehen, „wenn die OKA dich nimmt, dann musst du unbedingt zusagen“. Und sie nahmen mich tatsächlich auf! Ich war froh darüber, weil ich nun nicht mehr Tischler werden musste und sagte selbstverständlich zu.
Die Lehrzeit in Gmunden war für mich ein neuer Lebensabschnitt und kein Honiglecken. In meinem kleinen Zimmer, welches ich mir mit Silvio teilte, war ich 85km von zu Hause entfernt und kam nur am Wochenende heim. Die Umstellung war auch für einige meiner Jahrgangskollegen schwer. Vom Feilheft hatten wir Blasen an den Händen und den ganzen Tag am Schraubstock zu stehen, war alles andere als vergnüglich. Am Donnerstag der zweiten Woche leerten wir zu viert eine Flasche Schnaps, um unseren Frust zu ertränken.
Ich stellte schnell fest, dass die meisten meiner Lehrgangskollegen tatsächlich was drauf und nicht nur politische Fürsprecher hatten. Unter 240 Bewerbern wurden 20 ausgewählt und ich war dabei. Das heißt, die Konkurrenz war groß. Von meinen Noten her konnte ich mich am Anfang des hinteren Drittels halten. Damit war ich eigentlich zufrieden. Dennoch war ich spätestens ab dem zweiten Jahrgang wieder ein Außenseiter. Diesmal ausgelöst durch meine religiöse Überzeugung, die ich von den Seminaren in Stadl mitbrachte.
Eigentlich wollte ich mich gar nicht so stark outen, aber ich las in dem Buch „Wir wollen nur deine Seele“ von Satanismus und rückwärts bespielten Hardrock-Schallplatten. Selbst die Beatles sollen erst erfolgreich geworden sein, als John Lennon seine Seele Satan übergab. Mein Zimmerkollege Silvio hörte ausschließlich Hardrock und das nicht zu leise. Ich wollte mir das nicht mehr jeden Tag reinziehen müssen, also habe ich mich geoutet.
Was das unter zwanzig Jugendlichen hieß, von denen nicht wenige Hardrockfans waren, kann man sich ja lebhaft vorstellen. Nun wurde ich nicht nur mehr wegen meines Dialekts, sondern auch wegen meinem Glauben und der Angst vor Hardrock gehänselt. Trotzdem war ich zu diesem Zeitpunkt schon so gefestigt, dass ich ganz gut damit umgehen konnte. Ich lernte durch diese Ereignisse, unter härtesten Bedingungen den Mund aufzumachen und für mich und meine Werte einzustehen. Silvio machte den angeblichen Satanismus im Hardrock nämlich zum Thema in der Religionsstunde der Berufsschule. Dabei diskutierte ich mit all meiner Überzeugung alleine gegen die ganze Klasse – inklusive dem Lehrer, der auch nicht ganz neutral war.
Die Lehrzeit war eine dieser vielen Erfahrungen, die mich stark gemacht haben. Für die Ausbildung zum Starkstrommonteur bin ich heute noch dankbar. Bei der Handfertigung des Schraubstocks, der immer noch in unserer Werkstatt steht, verfeinerte ich mein handwerkliches Geschick. Ich lernte drehen, schweißen, schleifen und andere Metallbearbeitungsverfahren, sowie das ganze Repertoire eines Betriebselektrikers.
„Mit der Menge zu gehen ist einfach.
Es braucht Mut, um allein zu stehen.“